Nachdem der Fokus der letzten Blogbeiträge auf Laserschweißanwendungen gerichtet war, geben wir heute einen Einblick in die Ultrakurzpuls-Technologie (kurz UKP), welche ebenfalls bei BBW Lasertechnik im Einsatz ist.
UKP-Laseranlagen sind in der Lage, Laserpulse zu emittieren, die nur einige Piko- oder Femtosekunden kurz sind. Femto entspricht hierbei einer Null mit 15 Nachkommastellen. Die Technologie hinter der Pulserzeugung – die so genannte Moden-Kopplung – ist sehr komplex. Das Thema dieses Blogbeitrags beschäftigt sich jedoch nicht mit der Technologie an sich, sondern mit der Wirkung und den Vorteilen von ultrakurzen Pulsen.
Ultrakurzer Puls trifft auf Material
Bei der Wechselwirkung der Laserstrahlung mit dem Material finden unterschiedliche Prozesse statt, die sich in der Regel zeitlich überlagern. Die Laserstrahlung wird vom Material absorbiert und es folgen klassischerweise die Prozesse Erwärmung – Schmelzen – Verdampfen. Betrachtet man das Ganze in sehr kleinen Zeitskalen, werden elementare Bauteile eines Metalls unterschiedlich schnell erhitzt. Während die kleinen Elektronen innerhalb einiger Femtosekunden erwärmt und „in Bewegung gebracht“ werden, dauert dies bei den vergleichsweise schweren Atomrümpfen – den Phononen – schon etwas länger, und zwar einige Pikosekunden. Für einen kurzen Moment existieren im Festkörper unterschiedliche Temperaturen, bevor es zu einem thermischen Ausgleich kommt.
Der klassische Ablauf Erwärmen – Schmelzen – Verdampfen kann auch übersprungen werden, wenn eine sehr hohe Energiedichte vorliegt. Die Energiedichte ergibt sich aus Leistung pro Fläche: Je mehr Leistung auf je mehr kleine Fläche gepackt ist, desto größer ist die Energiedichte. Das bestrahlte Material kann so durch schnelle Erhitzung explosionsartig in einem Gemisch aus Dampf und Schmelze entweichen. Diese Prozesse sind in der Literatur als Phasenexplosion oder -separation bekannt. Der Schlüsselfaktor ist nun, ultrakurze Pulse einzusetzen. Je kürzer die Pulsdauer, desto höher ist der Anteil an direkt verdampftem Material und desto geringer der Schmelzanteil. Üblicherweise entsteht im Femtosekunden-Bereich gar keine Schmelze mehr. Darüber hinaus kann mit ultrakurzen Pulsen eine Wechselwirkung der Laserstrahlung mit einem entstehenden Plasma (geladene Dampfpartikel), das ungefähr nach einer Nanosekunde entsteht, vermieden werden. Da fast die gesamte absorbierte Energie zur Phasenumwandlung von fest in gasförmig verwendet wird, kommt es zu keiner Wärmeleitung und Beeinflussung von benachbarten Materialzonen (siehe Abbildung 1). Der UKP-Prozess wird folglich auch als ein „kalter Materialabtrag“ bezeichnet, da sehr saubere Abtragskanten ohne Schädigung benachbarter Bereiche realisiert werden können.
Dem Laser ist das Material egal
Bei der klassischen Materialbearbeitung sind die Bearbeitungsergebnisse sehr stark vom Material abhängig, das bestrahlt werden soll. Je nach verwendeter Laserwellenlänge (= die „Farbe“ des Lasers) können sich völlig unterschiedliche Ergebnisse herauskristallisieren (siehe Abbildung 2).
Charakteristisch erkennbar ist für viele Materialien eine „Absorptionskante“ im ultravioletten bis sichtbaren Bereich. Dies markiert den Bereich, in dem der so genannte photochemische Abtrag realisiert werden kann, da hier die Energie der Lichtteilchen (= Photonen) hoch genug ist, um chemische Bindungen direkt aufzubrechen. Da Industrielaser in der Regel Laserstrahlung mit infraroten Wellenlängen verwenden, erfolgt die Materialbearbeitung oft in einem Spektralbereich mit einem sehr schlechten Wirkungsgrad – nur ein Bruchteil der Laserleistung wird vom Material absorbiert.
Beim UKP-Laser kommt eine weitere physikalische Besonderheit zum Tragen: die so genannten nichtlinearen Abtragsprozesse. Extrem viele Lichtteilchen treffen hierbei in kürzester Zeit auf die Materialoberfläche. Zwar reicht die Energie eines einzelnen Photons nicht für einen photochemischen Abtrag aus. Da die Lichtteilchendichte jedoch so hoch ist, treffen nun mehrere Photonen quasi-gleichzeitig auf ihr Ziel, so dass sich die Energien der einzelnen Photonen aufsummieren und selbst die energetische Bandlücke von Isolatoren überwinden können. Dies resultiert in der Eigenschaft eines UKP-Lasers, eine materialunabhängige Bearbeitung zu ermöglichen.
Fazit
Der UKP-Laser ist ein Präzisionswerkzeug, materialunabhängig auf den Mikrometer genau. Puls für Puls wird exakt der Bereich abgetragen, welcher der Größe des Laserspots entspricht – üblicherweise 15 – 30 µm breit und 1 – 20 µm tief. Bei einer Pulswiederholfrequenz im MHz-Bereich lassen sich durch einen dynamischen Scanner schichtweise Flächen abtragen oder Schnittkanten erzeugen. Mit entsprechender Modellierung sind dadurch auch dreidimensionale Tiefenstrukturen möglich. Die dabei realisierbare unübertroffene Qualität kann die strengen Toleranzvorgaben z.B. in der Medizintechnik oder von Mikrobauteilen problemlos einhalten. Seit der Inbetriebnahme der ersten UKP-Anlage bei BBW Lasertechnik erfreut sich diese Technologie in unserer Abteilung Laserfeinschneiden hoher Beliebtheit, da bei der UKP-Bearbeitung die meisten Nachbearbeitungsschritte entfallen. Einen Nachteil hat der UKP-Laser jedoch – als hochgenaues Präzisionswerkzeug sind der Prozessgeschwindigkeit natürliche Grenzen gesetzt. Seine Stärken liegen insbesondere in Bearbeitungsbereichen mit sehr geringen Materialdicken.
Ein Beitrag von Eric Punzel